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Wenn der Einsatz Folgen hat - Möglichkeiten und Grenzen von Psychosoziale Notfallversorgung (PSNV) & Betreuung: Fachtagung Führen von Einsatzkräften des Münchner Roten Kreuzes

Das Motto des Tages: Wenn der Einsatz Folgen hat - Möglichkeiten und Grenzen von PSNV & Betreuung
Fachausstellung
Abschied Volker Ruland
Standing Ovations für Volker Ruland

Rund 350 Führungskräfte der Einsatzorganisationen trafen sich in Großhadern zur 26. Fachtagung Führen von Einsatzkräften des Münchner Roten Kreuzes.

"Wenn der Einsatz Folgen hat - Möglichkeiten und Grenzen von Psychosoziale Notfallversorgung (PSNV) & Betreuung" hieß das Thema der 25. Münchner Fachtagung Führen von Einsatzkräften, zu der das Münchner Rote Kreuz am Samstag, den 8.11.2025 von 9 bis 17:30 Uhr ins Klinikum Großhadern eingeladen hatten.

Den Anfang machte Hr. Reiser von der Staatlichen Feuerschule Geretsried (SFSG), der kurz die Schule vorstellte und danach den Werdegang der Psychosozialen Notfallversorgung (PSNV) bei der Einbindung in die Struktur des bayerischen Katastrophenschutzes schilderte. Die Feuerwehrschule bietet vielfältige Unterstützungsangebote und bietet zudem eine zentrale Zertifizierung für den Bereich sowie dazugehörige Aus- und Fortbildung. Die dort angesiedelte Landeszentralstelle PSNV organisiert und unterstützt bei Übungen, steht im Einsatzfall per Rufbereitschaft zur Verfügung und bildet die Schnittstelle zum Staatsministerium des Inneren.

Der Blickwinkel aus der Großstadt München auf den Bereich PSNV, insbesondere der Teilbereich der psychosozialen Akuthilfe (PSAH), wurde von Fr. Katrin Kuder aus dem Sachgebiet "Bevölkerungsschutz und Krisenmanagement" der LHSt. gegeben. Dort koordiniert ein dreiköpfiges Team die Vorbereitungen und Unterstützungsangebote für die derzeit 18 bestellten vorwiegend ehrenamtlichen Fachberatern und Leitern (L-PSNV) aus den Hilfsorganisationen. Unter anderem die Sicherstellung des 24/7 Dienstplanes, die Erst- und Nachalarmierungen.

Roman Dreesbach, Leiter PSNV beim Münchner Roten Kreuz, hielt in seinem Vortrag die anwesenden Führungskräfte dazu an, bei Einsätzen immer auch von Beginn an speziell auf vulnerable Gruppen zu schauen und existierende Strukturen frühzeitig zu in Dienst zu setzen. Empfehlungen und Ideen, wie unkompliziert und pragmatisch auch auf den ersten Blick unkonventionell wirkende Ressourcen in den Einsatz eingebunden werden könnten, rundeten das Bild ab.

"Aber bringt das denn alles was?", diese provokante Frage wurde im letzten Vortrag vor dem Mittagessen gestellt. Dr. Philipp Jann vom Institut für Notfallpsychologie erläuterte zunächst die Schwierigkeiten bei der wissenschaftlichen Betrachtung der Wirksamkeit der Maßnahmen in der Einsatzkräftenachsorge (PSNV-E). Er zeigte auf, welche Erkenntnisse es gibt und warum die aktuelle Studienlage zwar keine echte Wirksamkeit hergibt aber dennoch viele Aspekte darauf hindeuten, dass die Vorgehensweisen aus vielen Gründen einen positiven Verlauf begünstigen und keinesfalls auf Einsatzkräftenachsorge verzichtet werden sollte.

Wie organisierte Pflege und der Bevölkerungsschutz zusammengeht, legte die Referentin für Pflege im Bevölkerungsschutz bei der Schwesternschaft Bonn im Deutsches Rotes Kreuz e.V., Fr. Simone Pesch dar. Das Ausbildungs-Modul "Disaster Nursing" soll Pflegekräfte befähigen in außergewöhnlichen Situationen wie bei Katastrophenfällen mit ihren besonderen Herausforderungen ihrer Arbeit möglichst effizient nachgehen zu können. Fachberater Pflege bringen im Einsatzfall frühzeitig die Belange der pflegebedürftigen Betroffenen in Führungsstäben ein und stellen eine optimale Nutzung der bestehenden Ressourcen sicher. Entwickelt wurde auch ein Pflegeanhänger mit Material für die Versorgung von 25 Menschen mit Pflegegrad 2-3 so wie die App KatNu zur Information Interessierter. Im Pilotprojekt Pflegeunterstützungskräfte (PUK) werden in einem Tageslehrgang Basismaßnahmen zur Pflege vermittelt.

In abschließende Block der Einsatzberichte begann Martin Falger, Leiter PSNV Stadt-/Landkreis Würzburg, mit einem Einsatz aus diesem Jahr von einer Personensuche, die sich zu einem größeren Betreuungseinsatz entwickelte, weil bei der Suche die Mitglieder einer örtlichen freiwilligen Feuerwehr sowohl Einsatzkräfte als auch Betroffene waren.

In einem Doppelvortrag von Philipp Hutter, Kreisbereitschaftsleiter und Tanja Altmaier, stv. Fachdienstleitung PSNV des Günzburger Roten Kreuzes, wurde das Hochwasser im Landkreis Günzburg Ende Mai 2024 mit dem Schwerpunkt Lessons Learned für den Bereich Betreuung und PSNV aufgearbeitet.

Die Frage "Was ist Betreuung eigentlich?" wurde im letzten Vortrag anhand eines Einsatzberichtes zur AMOK-Fahrt am 13.02.25 in München aus drei Perspektiven verhandelt. Die Begrifflichkeit wird nicht in allen Behörden und Organisationen deckungsgleich verwendet. Dietmar Schubert, SEG-Führer Betreuung bei dem Einsatz, Anita Fricke, Leiterin Kommissariat 105 Polizeipäsidium München und Andrea Hirth, Leiterin PSNV beim Malteser Hilfsdienst schilderten Ihre Erfahrungen bei dem Einsatz und versuchten anhand dieser darzustellen, was "Betreuung" in ihrem Kontext jeweils bedeutet.

Besonders emotional wurde es zum Schluss, als Volker Ruland, der Initiator und langjährige Organisator der Fachtagung "Führung von Einsatzkräften", seinen Abschied verkündete, da er Mitte kommenden Jahres in den Vorruhestand gehen wird. Die Veranstaltung, die zu Beginn zwei Mal und danach einmal pro Jahr mit wachsendem Fachpublikum stattfand, war mehr als 25 Jahre ein fester Begleiter in seinem Leben. Denn in der Regel  beginnt bereits gleich nach der Fachtagung die Planung der nächsten. Volker bedankte sich beim Publikum für das große anhaltende Interesse und wünschte dem Planungsteam für die Zukunft alles Gute für die Zukunft.

Die nächste Fachtagung findet am Samstag, dem 7.11.2026 im Hörsaal III der Klinikums Großhadern statt. Thema wird voraussichtlich sein: "Bevölkerungsschutz rückt in den Vordergrund - was bedeutet das für uns?"